Forschungsprojekt „DC-Netze“
Gleichstrom (DC) ist nach 100 Jahren wieder auf dem Vormarsch, nicht nur in Netzteilen für Laptop und Smartphones. Die Elektromobilität erfordert leistungsstarke DC-Infrastruktur, PV-Anlagen generieren Gleichstrom, welcher derzeitig meist in Drehstrom (AC) gewandelt werden muss, die Umrichter von modernen Industrieantrieben wandeln AC in DC über viele dezentrale Gleichrichter – die Anwendungen von DC steigen.
DC-Netze benötigen weniger Kupfer und verursachen weniger Verlustleistung (es gibt keine Blindleistung) als AC-Netze. Speicher und regenerative Erzeuger können nicht nur ohne lange verlustreiche Übertragungslängen eingespeist werden, ihr sinnvoller Einsatz spart dem Betreiber auch Geld (Minimierung der bezogenen Energie und Vergleichmäßigung des Energiebezuges). In der Industrie lassen sich viele dezentrale Gleichrichter einsparen.
Gegenüber AC ist allerdings die Spannungswandlung aufwändiger (es gibt keine Gleichstromtransformatoren), Fehlerströme sind schwerer zu schalten (es gibt keinen Stromnulldurchgang) und die Netzführung ist nicht trivial (Netzstabilität, Selektivität, Schutz u. a. m.). Im Gegensatz zu AC-Netzen kann sich das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch nicht auf Basis von zwei Größen (Spannung und Frequenz) sondern nur auf Basis einer Größe (Spannung) einregeln.
Der Markt für DC-Netze wächst aktuell deutlich. ELATEC möchte dieses Wachstum unterstützen. Deshalb wurde ein ELATEC-Forschungsprojekt initiiert, welches von der Thüringer Aufbaubank (TAB) gefördert wurde. Ziel von ELATEC war es, Hardwarekomponenten zum sicheren und autarken Betrieb von DC-Netzen zu liefern.
Um ein DC-Netz zu betreiben, benötigt man Hardware (Abbildung 1)
- für die Kopplung von Drehstromnetz und DC-Netz (AC/DC-Netzkoppler)
- für die Kopplung von zwei DC-Netzen (DC/DC-Wandler)
- für den Anschluss von DC-Erzeugern und DC-Verbrauchern (Abschalt- und Ladevorrichtung)
Im Rahmen dieses Projektes wurde eine zum Teil vorhandene Hardware auf NS-Basis zu Modulen weiterentwickelt, welche
- je nach Anforderung entsprechend beschaltet und programmiert wird,
- in einem Schaltschrank (NS) oder einem Rack (MS) integrierbar ist (Abbildung 2),
- durch Parallelschaltung auf größere Ströme / Leistungen angepasst werden kann (Abbildung 3) und
- durch Reihenschaltung an höhere Spannungen (bis zur Mittelspannung) angeschlossen werden kann (Abbildung 4)
Bestandteil der Projektarbeit war auch die entsprechende Softwareentwicklung. Diese Software muss nicht nur die eigentliche Funktion der jeweiligen Hardwarekomponente, sondern insbesondere auch den sicheren Betrieb ALLER entwickelten Hardwarekomponenten und beliebiger Erzeuger / Verbraucher an einem DC-Netz sicherstellen.
Im idealen Fall wird in einem DC-Netz vom speisenden AC-Netz keine Energie benötigt: die regenerativen Erzeuger dieses DC-Netzes speisen die Verbraucher und den ggf. angeschlossenen Speicher (z. B. Akku) – und dies auch OHNE Kommunikation zwischen der AC-Einspeisung und den einzelnen DC-Erzeugern, DC-Speichern sowie DC-Verbrauchern.
Dies
- entlastet das vorhandene AC-Mittel- und AC-Hochspannungsnetz – der notwendige Ausbau wird reduziert
- spart für den Betreiber die Kosten für den Energiebezug vom Energieversorger
- minimiert die elektrischen Verluste in den elektrischen AC-Betriebsmitteln
- ermöglicht im optimalen Fall dem Betreiber auch noch selbst erzeugte bzw. gespeicherte Energie an den Energieversorger zu verkaufen, wenn der Energieversorger Energie zu Spitzenlastzeiten benötigt (dies erfordert allerdings eine Kommunikationsanbindung des einspeisenden AC/DC-Wandlers und des Speichers)
Die Lade- und Abschaltvorrichtung für Abnehmer mit mittlerem und großem Leistungsbezug stellt beim Einschalten sicher, dass das Aufladen des abnehmerseitigen Zwischenkreises nicht zu einem DC-Spannungseinbruch (voltage dip) kommt. Bei einem Kurzschluss übernimmt diese Einrichtung das schnelle Ausschalten des kurzschlussbehafteten Abganges. Eine Fehlauslösung, verursacht durch Umladung der Zwischenkreise der Abnehmer in nicht kurzschlussbehafteten Abgängen auf die Kurzschlussstelle, wird verhindert.
Bei leistungsstarken DC-Netzen mit entsprechend hohen Kurzschlussströmen sind handelsübliche DC-Leistungsschalter nicht nur sehr kostenintensiv, sie kommen derzeitig auch noch schnell an ihre technischen Grenzen. Deshalb favorisiert ELATEC die AC-seitige Speisung eines leistungsstärkeren DC-Netzes über einen strombegrenzenden AC/DC-Wandler (Abbildung 5). Dieser kann auch genutzt werden, um den Lastfluss dieser AC/DC-Einspeisung zu steuern, um z. B. die regenerative Erzeugung im gespeisten DC-Netz zu bevorzugen.
Im Rahmen des nun abgeschlossenen Forschungsprojektes entstand ein DC-Netz (max. 500 V / 400 A), an welchem – auch noch zukünftig – die entwickelte Hard- und Software im Zusammenspiel mit verschiedenen Erzeugern und Verbrauchern unter schwierigen Netzbedingungen (Lastsprünge, Rückspeisungen, Resonanzen, Kurzschlüsse, …) getestet werden kann.
ELATEC wird die Entwicklung weiterbetreiben, um mit den entwickelten NS-Modulen auch DC-Netze mit Spannungen größer 1,2 kV sicher betreiben zu können.